Chapter 2 – Der Konflikt der Bilder

3. Dezember 2015

Das foto-forum Südtiroler Gesellschaft für Fotografie in Bozen zeigt drei Ansätze und Praktiken der Kriegsfotografie. Zu sehen vom 2. Dezember bis zum 30. Januar 2016.
Wie der Titel bereits andeutet, möchte "Chapter II – Der Konflikt der Bilder" nicht nur verschiedene Ansätze und Praktiken einer Dokumentarfotografie präsentieren, die sich mit dem Krieg befasst, sondern auch über den Konflikt nachdenken, der mit der Produktion von Bildern insbesondere dort verbunden ist, wo es um die Darstellung von Leiden und Schmerzen geht.

Raphaël Dallaporta, Giorgio Di Noto und Monica Haller sind die drei Künstler, die ausgewählt wurden, um eine solche Reflexion zu beginnen. Allesamt nach 1980 geboren, haben sie den Wechsel von der analogen zur digitalen Fotografie miterlebt. Auch haben die Kriege und Konflikte, mit denen sie sich befasst haben, alle nicht auf dem Boden ihrer Heimatländer stattgefunden. Gleichwohl waren die drei Länder – die Vereinigten Staaten, Frankreich und Italien – in diverse auswärtige Kriege verwickelt.

Bilder dieser und anderer Konflikte, von denen viele Länder unserer Welt betroffen sind, werden in immer größerem Ausmaß gesendet, publiziert, gepostet und gestreamt. Aufgrund der Möglichkeiten des digitalen Zeitalters, in dem wir leben, steht die Menge der produzierten Bilder heute in direkter Beziehung zur Expansion der verschiedenen Medien sowie zu deren technischer Demokratisierung. Wie wir häufig erfahren müssen, kann eine quantitative Zunahme auf Kosten der Qualität gehen. Wie aber Qualität bemessen, wenn wir von Bildern über Krieg und Konflikt sprechen, oder – noch allgemeiner – von Bildern über Unglück und Katastrophen?

Raphaël Dellaporta ist ein französischer Künstler, dessen Arbeiten gesellschaftliche Themen wie die Menschenrechte ebenso behandelt wie eher symbolische Sujets, etwa die Fragilität des Lebens. Er zeigt uns unter dem Titel "Antipersonnel" ein Archiv von 35 Landminen. Fotografiert als handle es sich um Luxusobjekte und begleitet von detailreichen Beschreibungen, erzeugen diese Bilder einen Rückschluss bei den Betrachter, welcher sie dazu führt, den ästhetischen Reiz dieser gefährlichen Objekte auf Basis ihres jeweiligen Designs und ihrer Funktion zu hinterfragen.

Die Arbeit von Giorgio Di Noto dreht sich genau um die Amateurvideos, die die diversen Aufstände und nachfolgenden Revolutionen in Nordafrika dokumentieren. "The Arab Revolt" besteht aus einer Serie von dreissig Polaroid-Fotografien, die er von seinem Computerbildschirm machte, während er dort jene Videos abspielte. Diese Arbeit wirft eine ganze Reihe von Fragen auf. Fotografie spielt eine entscheidende Rolle für unser Erinnern. Wie Susan Sontag formulierte: „Das Problem ist nicht, dass Leute sich mittels Fotografien erinnern, sondern dass sie sich nur an die Fotografien erinnern.“ Und Di Notos Arbeit ist der Versuch, die hektischen Bilderflut, die unser Leben täglich durchdringt, zu verdichten.

Monica Hallers Buchreihe "Veterans Book Project" zeigt nicht bloß die Gräueltaten, sondern auch das tägliche Leben eines US-Soldaten und anderer Personen, die die jüngsten US-amerikanischen Kriege selbst miterlebt haben. Im Rahmen einer Serie von dreizehn Workshops produzierten die Teilnehmer zwischen 2009 und 2014 über 50 von Haller herausgegebene und kuratierte Bücher. Man erkennt hier die bedeutende Rolle der Herausgeber und Kuratoren in der Fotografie, ebenso wie ihre therapeutischen Möglichkeiten. Die Entscheidung der Künstlerin, die fotografischen und schriftlichen Dokumente dieser Personen zu Büchern zu verarbeiten, anstatt sie als Videos oder Fotodrucke auszustellen, ist angesichts der Härte der Bilder entscheidend. Auf diese Weise überwältigt der Schockeffekt des grausamem Materials die Betrachter nicht, die im Gegenteil eingeladen sind, sich privat in die Geschichten zu vertiefen und bei den Bildern nur so lange zu verweilen, wie es ihnen erträglich ist.

Weitere Informationen finden Sie unter Foto Forum
1/3
1/3

Chapter 2 – Der Konflikt der Bilder