Pjöngjang

Roman Bezjak

5. Oktober 2018

Die sozialistische Architektur der Nachkriegsmoderne zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben des Fotografieprofessors Roman Bezjak. In der Hauptstadt Nordkoreas fand er sich in urbanen Landschaften wieder, die wie aus der Zeit gefallen schienen.
Wenn etwas nicht lügt, dann ist es Architektur. Das Gebiet von Pjöngjang war nach dem Koreakrieg in den 1950er-Jahren nahezu vollständig zerstört, was die Politiker und Stadtplaner als Chance für einen Neuanfang gesehen haben. Mit tatkräftiger Unterstützung der sozialistischen Bruderstaaten begannen sie, neue Raumkonzepte zu erschließen, die den Aufbruch in eine glorreiche Zukunft versinnbildlichen sollten. Fortan galt die Funktion der Bebauung viel mehr als nur dem bloßen Wohnen und Arbeiten; die Betonlandschaften des neuen Pjöngjang sollten eine neue nationale Identität und die Allgegenwärtigkeit von Vater Staat ausdrücken.

Fotograf und Dozent Roman Bezjak hat ein Faible für diese symbolträchtigen Ausdrucksweisen des Sozialismus und veröffentlichte mit Socialistic Modernism bereits ein vielbeachtetes Buch über die Architektur der Ost-Moderne. In Jugoslawien geboren, entwickelte er schon in jungen Jahren ein Interesse am urbanen, antiimperialistischen Osteuropa, das von brutalistischen Bauten, gleichförmigen Plattensiedlungen und politischen Monumenten geprägt war. Hässlich, aber irgendwie auch faszinierend. In diesem Zusammenhang blieb Bezjak stets ein Zitat des Philosophen Karl Rosenkranz im Kopf, das er 1853 in seinem Werk Ästhetik des Hässlichen formulierte: „Hässlichkeit ist nicht die bloße Abwesenheit von Schönheit, sondern ihre positive Negation.“

Das trifft für Bezjak auf die Ikonografie in Pjöngjang zu: „Das utopische Potenzial, das mit den Entwürfen einherging, besitzt gleichzeitig etwas Anziehendes und Abstoßendes; nicht nur in seiner ästhetischen Erscheinungsform, sondern auch in dem intendierten gesellschaftlichen Modell.“ Trotzdem – oder gerade deshalb – entpuppt sich die Stadt als ein wahres Paradies für Architekturinteressierte. Auch wenn das Land vor nicht allzu langer Zeit mit einer Hungersnot zu kämpfen hatte, erzählt die Vielzahl von Monumentalbauten, dass für ausufernde Architektur stets genug Geld vorhanden war.

Auszug aus dem Text, den Sie in voller Länge in der neuen Ausgabe vom LFI Magazin finden.
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© David Bezjak

1962 im ehemaligen Jugoslawien geboren, 1985 bis 1989 Studium der Fotografie an der Fachhochschule Dortmund. Seit 2000 Berufung zum Professor für Fotografie an der Fachhochschule Bielefeld. Seine 2011 erschienene Publikation Socialist Modernism sorgte für internationale Aufmerksamkeit und wurde in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt. Mehr

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