Ralph Gibson fotografiert 1966 die Beatles

Ralph Gibson

25. Januar 2022

Besondere Fundstücke aus dem Archiv von Ralph Gibson werden jetzt in der New Yorker Laurence Miller Gallery ausgestellt.
August 1966: Während ihrer Promotiontour für ihr neues Album Revolver sind die Beatles in Los Angeles eingetroffen. Der Presseraum im Capitol Records Tower ist überfüllt, unzählige Fotografen wollen an der „Beatlemania“ teilhaben. Unter ihnen auch der damals 27-jährige Ralph Gibson, der als freiberuflicher Fotograf von der Plattenfirma eingeladen worden war, diesen Moment in kreativer Weise zu dokumentieren. Sein Blick war anders, unterschied sich radikal von den damals zeittypischen Pressefotografien, doch erst fünfeinhalb Jahrzehnte später erleben diese Aufnahmen ihren Auftritt in der Öffentlichkeit. Denn so enthusiastisch sich der Fotograf in das Projekt hineinwarf, so sehr wurden seine Hoffnungen auf eine erfolgreiche Wahrnehmung und Verwertung der Aufnahmen damals getrübt.

Die jetzt in der Laurence Miller Gallery präsentierten 16 Aufnahmen zeigen das vielfältige Repertoire des Fotografen: Wenige Bilder widmen sich dem zirkusähnlichen Auftrieb der Pressekonferenz und zeigen den engen Raum mit Pressevertretern und Sicherheitsleuten, die Band ist nur ganz am Rand auf dem Podium zu sehen. Viel stärker wird der subjektive Blick Gibsons, wenn er mit seiner Leica M den Bandmitgliedern ganz nahekommt, sich ganz auf ihre Köpfe vor schwarzem Hintergrund oder auf ihre Gesten konzentriert. Auf einer Aufnahme scheint Paul McCartney Teil des Grammy-prämierten Albumcovers von Klaus Voormann zu werden, sein Kopf fügt sich auf der Aufnahme fast gänzlich in das an der Wand hängende großformatige Covermotiv ein.

Gibsons Begeisterung für das Projekt ist bis heute offensichtlich. Damals ging er sofort in seiner Dunkelkammer im Stadtteil Beverly Glen an die Arbeit und fertigte in der Nacht 16 Abzüge, die er am nächsten Tag der begeisterten Kreativabteilung von Capitol Records vorstellte. Es gab bereits Pläne für die Veröffentlichung, ein Dummy-Layout wurde erstellt, und Gibson glaubte, dass dies der Beginn des lange erhofften beruflichen Durchbruchs sein würde. Doch dann die Ernüchterung: Das Dummy wurde gestohlen, das Projekt nicht weiterverfolgt, die Bilder gerieten in Vergessenheit. Nur die ursprünglichen 16 Prints, die Gibson damals anfertigte, blieben – allerdings nur im Archiv des Fotografen. Nun sind sie in der Galeriepräsentation wiederzuentdecken. Sie zeigen einen Fotografen, aber auch eine Band an einem kreativen Scheideweg. Bei Gibson sollten noch Jahre vergehen, bis er nach seinem Umzug nach New York mit seiner ersten Buchveröffentlichung Berühmtheit erlangen konnte – und die Beatles hatten nach einem Übermaß an Erfolg und Trubel beschlossen, dass Revolver das letzte Album sein sollte, für das sie auf Tournee gingen. 

Ralph Gibson, The Beatles 1966
Bis zum 12. Februar 2022 in der Laurence Miller Gallery, 9 East 8th Street, Box 119, New York, NY 10003. (Nur auf Voranmeldung)
Ulrich Rüter
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Ralph Gibson

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RG-Beverly Glen, 1967
© Ralph Gibson, 1967

Wurde am 16. Januar 1939 in Los Angeles, Kalifornien, geboren. Studium der Fotografie bei der U.S. Navy und von 1960–62 am San Francisco Art Institute, Arbeit als Assistent bei Dorothea Lange 1961–62 und Robert Frank 1967–68. Seinen Verlag Lustrum Press gründete Gibson 1969. Mittlerweile sind über 40 Monographien erschienen. Er ist in den wichtigsten Sammlungen und Museumskollektionen vertreten, wurde international ausgestellt und vielfach ausgezeichnet, darunter 1988 mit der Leica Medal of Excellence, 2018 mit dem französischen Verdienstorden L’ordre national de la Légion d’honneur, und 2021 wurde er in die Leica Hall of Fame berufen. Er lebt in New York. Mehr

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