Photographie Humaniste

Sabine Weiss

16. April 2018

Die Leica Klassikerin in der LFI-Ausgabe 3/2018, Sabine Weiss, eine der herausragendsten Vertreterinnen der humanistischen Fotografie, wurde bereits vor mehr als 60 Jahren als „Meister der Leica“ in der LFI vorgestellt.
Sabine Weiss gilt als die Grande Dame der humanistischen Fotografie und doch ist es ihr gelungen, immer etwas unter dem Radar der Fotografiegeschichte zu bleiben. Die großartige französische Fotografin hat in über sieben Jahrzehnten ein Lebenswerk zusammengetragen, das in diesem Jahr in vielen Ausstellungen zu sehen ist.

Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht Paris und auch wenn die 93-Jährige fast in der ganzen Welt unterwegs war, verbindet sich ihr Werk doch insbesondere mit der französischen Metropole, in der sie seit 1946 lebt. Als geübte Porträtistin hat sie nicht nur zeitlose Charakterstudien von Prominenten geschaffen, sondern sie hat auch immer wieder Menschen auf der Straße in zufällig gesehenen Situationen fotografiert. Sie ist eine brillante Geschichtenerzählerin, ihre Aufnahmen leben von einer genauen Beobachtungsgabe und vielschichtigen atmosphärischen Schilderung des Alltagslebens. Durch das feine Sensorium der Fotografin öffnet sich der Blick auf die kleinen Dinge des Lebens, Weiss zeigt den Alltag, die Arbeit, aber auch die Freizeit der fotografierten Personen.

Bereits 1956 stellte Robert d´Hooghe die Fotografin in der LFI als „Meister der Leica“ vor: „Und schon begann Paris wieder seine alte Faszination auf die Jugend der Welt auszuüben. Unter denen, die sich in Paris trafen, war auch ein junges Mädchen aus der Schweiz. Sie war gerade zwanzig Jahre alt, hatte eine solide Lehre in einem Schweizer Fotografenatelier hinter sich und das Leben vor sich. Bald kannte man ‚Sabine‘ in den Kreisen der jungen Dichter, Maler und Musiker zwischen Montparnasse, St. Germain-des-Près und Montmartre, die damit beschäftigt waren, in endlosen Debatten die morsche Welt aus den Angeln zu heben und neu zusammenzusetzen. Wenn sie sich in die Diskussion mischte, vergaß sie nie zu betonen, dass sie Fotografin sei, und nicht „Künstlerin“. Aber sie war keineswegs schüchtern. Sie fand, dass ihre Freunde zwar ausgezeichnete Kunsttheorien entwickelten, aber nicht verstünden zu sehen. Unter „sehen“ verstand sie: bewegt werden von den visuell erfassbaren Eindrücken der Umwelt und von den Zusammenhängen, die sich darin andeuten. Man nahm Sabine, die energische Sabine mit den hellen Augen, durchaus ernst; so ernst, dass der nur um weniges ältere englische Maler Hugh Weiss sie heiratete.“ Der zeittypische Chauvinismus, der aus diesen Zeilen spricht, ist heute überholt, aber der Text beschreibt bis heute sehr eindrücklich die Fähigkeit des fotografischen Sehens von Sabine Weiss. Denn das ist in der Tat außergewöhnlich präzise und hat ein Zeitgefühl konserviert, das bis heute prägend wirkt.

Ausstellungen
Noch bis zum 15. April gilt es gleich drei Ausstellungen in den Loire-Städten Orléans und Olivet zu besuchen. Außerdem läuft in Zürich Vers la lumière in der Galerie Artef (bis zum 30. Juni). Im Sommer würdigt dann das Pariser Centre Pompidou das Lebenswerk von Weiss mit einer Ausstellung.

In Deutschland wird Sabine Weiss von der Berliner Galerie Hilaneh von Kories vertreten. Im letzten Jahr lief dort die Ausstellung Un regard personnel.

Das Copyright aller hier gezeigten Aufnahmen liegt bei Sabine Weiss / courtesy Galerie Hilaneh von Kories
Ulrich Rüter
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Sabine Weiss

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Sabine Weiss©Lily Franey
© Lily Franey

Geboren 23. Juli 1924 als Sabine Weber in Saint-Gingolph. Nach ihrer Lehre im renommierten Atelier Boissonnas in Genf zieht sie 1946 nach Paris. Sie arbeitet zunächst als Assistentin des Modefotografen Willy Maywald, ab 1950 ist sie selbstständig. Im selben Jahr Heirat mit dem US-amerikanischen Künstler Hugh Weiss (1925–2007). Weiss wird 1952 Mitglied der Fotoagentur Rapho und arbeitet für zahlreiche nationale und internationale Magazine. Die Wiederentdeckung des schwarzweißen Frühwerks in Ausstellungen seit den späten 1970er-Jahren wird von neuen Arbeiten begleitet, die auf zahlreichen Weltreisen entstehen. 2017 wurde die Fotografin, die längst einen französischen Pass besitzt, von der Swiss Photo Academy für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Mehr

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