Kohlenmänner

Martin Krüger

5. Mai 2023

Schweiß und schmerzende Muskeln – der Berliner Fotograf porträtiert in seiner neuen Serie die Arbeiter eines nur noch wenig ausgeübten Berufs.
Die guten Zeiten sind vorbei: Wer in der heutigen Zeit mit Kohle heizt, muss tief ins Portemonnaie greifen. Das führt auch zum Verschwinden eines Berufs – in seiner respektvollen und erzählerischen Dokumentation begleitet Martin Krüger die noch wenigen deutschen „Kohlenmänner“ in ihrem Arbeitsalltag.

LFI: Sie widmen sich in Ihren Arbeiten immer wieder den aussterbenden Berufen – dienen Ihre Fotografien dem Bewahren der Geschichte?
Martin Krüger:
Zum Teil ja. Ausschlaggebend für mich war in diesem Fall jedoch die vorindustrielle Arbeitsweise, die im Kontext der Digitalisierung und des Wandels der Arbeitswelt ein Milieu zeigt, das ohne maschinelle Hilfe stehen geblieben ist: Treppen hoch, Treppen runter, dazu Pausen mit einem kurzen Bissen im Auto und einem Schluck Kaffee, gesponsert vom Kunden. Schmerzende Muskeln und Schweiß prägen die Tage der Kohlenschlepper. Die im Arbeitsalltag häufig beiläufig und banal erscheinenden Situationen sichtbar zu machen und hierdurch eine Befragung des Alltäglichen entstehen zu lassen, war Ziel dieser Arbeit.

Wie viele „Kohlenmänner“ gibt es überhaupt noch in Deutschland, und wie haben sie auf Ihr Projekt reagiert?
Am Anfang waren sie skeptisch, der Ton auf dem Kohlenplatz ist rau, es brauchte Zeit, als Fotograf toleriert zu werden. Es gibt nur noch wenige Kohlenmänner hierzulande, ein paar Dutzend vielleicht, wenn überhaupt. Der Beruf stirbt aus. Er ist hart und schmutzig, die Tage sind lang, und die Bezahlung ist schlecht. Es sind wohl die letzten Kohlenmänner, die wir hier sehen. Sie werden mit dem geplanten Kohleausstieg der Bundesregierung verschwinden.

Schwarz wie Kohle – war für Sie die monochrome Bildgestaltung nur konsequent?
Ja, definitiv. Die von der Schwere der Arbeit gezeichneten Gesichter und Körper, die Erinnerung an die Geschichte und Herkunft des Berufs aus längst vergangenen und vergessenen Tagen – all das prädestinierte die Reduktion auf ein fein ziseliertes monochromatisches Arbeiten.

Wie war die Arbeit mit der Leica M, was wollten Sie besonders herausheben?
Das Arbeiten mit der Leica M ist immer sehr zurückgenommen, pointiert, unauffällig und ermöglicht eine spielerische Nähe. Im Fokus lag für mich die Schwere, die Kraftanstrengung, die es braucht, durchzuhalten. Ich wollte aber auch die Erschöpfung, die Einsamkeit und die ruhigen Momente erlebbar machen, die diese Arbeit in sich birgt.
Katja Hübner
ALLE BILDER AUF DIESER SEITE: © Martin Krüger
EQUIPMENT: Leica M10, Summicron-M 1:2/35 Asph

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Krüger
© Michael Jungblut

Studium der Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Mit viel Empathie und großer Neugier arbeitet er für redaktionelle und kommerzielle Kunden. Seine Leidenschaft sind Reportagen und Porträts. Aktuell widmet er sich dem Arbeitermilieu und der Sozialreportage. Mehr

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