Mit einer zweiten Auswahl setzen wir die Reihe der Buchempfehlungen unserer Redaktion fort. Wieder ist es eine Reise um die halbe Welt und in verschiedene fotografische Genres. Ob Berlin, Lissabon oder Kairo, ob Reportagefotografie oder Porträt, ob Klassiker oder Entdeckung: Eine Verbindung finden die Publikationen über das Thema der Schwarzweißfotografie, die nicht nur historisch von Bedeutung ist, sondern bis heute genutzt und wertgeschätzt wird.





Yasser Alwan, Egypt Every Day
Die Straßen und Menschen in Kairo waren sein Thema. Über 30 Jahre wohnte Yasser Alwan (1964–2022) bis zum Ende seines Lebens dort, gleichwohl er in den Jahren zuvor im Libanon, im Irak, im Sudan und in den USA gelebt und gearbeitet hatte. Der noch gemeinsam mit ihm konzipierte Bildband zeigt seine oft spontanen Begegnungen mit den unterschiedlichsten Personen in Kairo. Es sind Zufallsbekannte auf der Straße, in Geschäften oder in Cafés, auf Rennbahnen, in Buchhandlungen, aber auch auf Steinbrüchen oder in Gerbereien. Ebenso finden sich unter den Porträts auch Freunde und Familienmitglieder. In der Zusammenschau fügen sich die Motive zu einem Gesamtporträt der ägyptischen Gesellschaft. Deutlich werden Armut und politische Enteignung, aber auch Hoffnung auf soziale und gesellschaftliche Teilhabe. Ein wichtiger Beitrag zeitgenössischer Fotografie aus der arabischen Welt.

Jason Langer, Berlin
Spurensuche in Berlin: Als der amerikanische Fotograf (*1967) eingeladen wurde, die deutsche Hauptstadt zu fotografieren, war er zunächst beklommen. Aufgrund seiner jüdischen Wurzeln und seiner Erfahrungen assoziierte er Berlin mit den Gräueltaten des 20. Jahrhunderts. Von 2009 bis 2013 erkundete er die Stadt mit Kameras und Schwarzweißfilm – immer zu Fuß. Seine Recherche zeigt Spuren aus der Zeit der Weimarer Republik, des Nationalsozialismus, der Nachkriegszeit des Kalten Krieges und des SED-Regimes. Entstanden ist ein intensives Kaleidoskop und eine spannende Reflexion über die Geschichte, die sich nicht nur in Architektur und Monumenten oder Erinnerungsorten abbildet, sondern vielmehr auch in den Begegnungen mit Zeitgenossen und Berlinern, die Langer kennenlernte. Sein beeindruckender Bildband ist eine subjektiv-poetische Vision, eine Mischung aus Geschichte, Fantasie und melancholischem Innehalten.

Mario Marino, Kinder unserer Welt
Kinder sind immer als Erste da: Wenn der in Österreich geborene und in Deutschland lebende Fotograf (*1967) seine Kamera in die Hand nimmt, um in den unterschiedlichsten Ländern und Städten zu fotografieren, dann ist er schnell von neugierigen Kindern umringt. Diese Erfahrung hat ihn seit vielen Jahren bei seinen Reisen durch Afrika, Europa, die USA oder auch in Indien, Nepal oder Mexiko begleitet. Als Porträtfotograf hat Marino sich mit großer Empathie und Respekt unterschiedlichsten Menschen und ihren Lebenssituationen gewidmet. Er ist geübt, mit seinem jeweiligen Gegenüber in einen spontanen visuellen Dialog zu treten, um oft nur in wenigen Augenblicken eine intensive Fotografie aufzunehmen. Mit Kindern scheint dies besonders einfach zu gelingen. Die Porträts erzählen von Hoffnungen, Sehnsüchten und Armut genauso wie von Überfluss und Reichtum, doch jedes Motiv sagt vor allem: Hallo, hier bin ich.

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