Photolux Biennale der Fotografie

27. Oktober 2015

Vom 21. November bis zum 13. Dezember 2015 findet im italienischen Lucca die Biennale Photolux statt. Enrico Stefanelli, künstlerischer Leiter des Festivals, erzählt, was es mit dem Motto Das Heilige und das Profane auf sich hat und welche Höhepunkte auf die Besucher warten.
Zum elften Mal trifft sich im italienischen Lucca bei Pisa die internationale Fotoszene. Im Jahr 2005 gründete Enrico Stefanelli, auch selbst Fotograf, das Lucca Fotofest und zeigte neben hochrangiger Fotografie auch Videokunst. Aufgrund der Wirtschaftskrise und Neuwahlen in der Stadt wurde die Veranstaltung geschlossen. Im Jahr darauf mobilisierte Stefanelli all seine Möglichkeiten und belebte das Event als Photolux Internationale Biennale der Fotografie neu.

Die diesjährige Ausgabe hat er unter das Motto Das Heilige und das Profane gestellt. Hier erzählt er davon, was er sich darunter vorstellt und auf welche Werke er einen besonderen Fokus legt.


Das Heilige und das Profane ist ein kraftvolles Thema, wie sind Sie auf das Motto gekommen?

Lucca ist eine kleine Stadt mit knapp 90.000 Einwohnern. Innerhalb der vier Kilometer langen Stadtmauer stehen 100 Kirchen. Wir haben die höchste Konzentration an Kirchen in ganz Italien! Das hatte bestimmt einen Einfluss auf meine Idee. Außerdem spielt Aurelio Amendola eine wichtige Rolle: eines seiner Bilder hatte ich vor Augen, als ich das Thema entwickelte. Sein ganzes Leben hat der Fotografie sakraler Motive gewidmet, insbesondere den Petersdom in Rom und das Werk Michelangelos immer wieder in ein neues Licht gerückt und dabei immer wieder erstaunliche Perspektiven gefunden. Aurelio Amendola und seine Bilder sind also ein Grundpfeiler für das diesjährige Motto. Ausgehend von seinen Motiven, die den Symbolismus der christlichen Religion beleuchten, habe ich versucht, thematisch möglichst alle großen Religionen zu berücksichtigen.


Joel-Peter Witkin ist in diesem Jahr Ehrengast, was hat Sie an seinem Werk gereizt?

Als ich das Motto für dieses Jahr entwickelte, habe ich sofort gedacht, dass er ein wahrer Meister dieser Art von Fotografie ist. Wie ich in dem Einleitungstext zu seiner Ausstellung formulierte: „Es gibt niemanden, der ähnliche Bilder produziert und damit alte Zöpfe in der Tradtion abschneidet.“ Sein Angang ist einzigartig und provokativ und seine Fotos schockieren zutiefst.
Seine Tableaus sind reich an Symbolen und Bezügen zu Geschichten und Figuren aus der Heiligen Schrift. Deshalb war er prädestiniert dafür, Ehrengast bei Photolux 2015 zu werden. Als ich tiefer in sein Werk eintauchte, entdeckte ich, dass ihn seine Kindheit verstört haben muss. Er verbrachte viel Zeit bei seiner Großmutter, einer sehr religiösen Frau, die jeden Tag den Rosenkranz betete. Eine mystische und zugleich stark prägende Erfahrung für ein Kind. Als er Kind war, wurde er Zeuge eines eines heftigen Unfalls, bei dem ein Mädchen enthauptet wurde und ihr Kopf auf ihn zu rollte und er sich bückte um ihn zu berühren. Das war bestimmt einschneidend für ihn und Witkin hat aus den Erlebnissen kreative Kraft geschöpft. Die meisten Bilder, die ich für diese Retrospektive ausgewählt habe, sind nicht leicht zu lesen, aber sie animieren den Betrachter, über das Heilige und das Profane nachzudenken. Witkins Ausstellung neben den anderen Ausstellungen des Festivals einzuordnen stellt eine Herausforderung dar, aber für mich ist er einer der herausragendsten Autoren zeitgenössicher Fotografie und es ist eine große Ehre für mich, seine Arbeiten in Lucca zeigen zu können.


Die Schöpfung von Ernst Haas ist ebenfalls zu sehen. Das umfangreiche Projekt des Fotografen ist eine Hymne auf die Erde und das Wunder ihrer Entstehung.

So ist es, und auch der Titel dieses Zyklus’ ist so perfekt, er musste einfach in der Auswahl von Photolux sein. Ernst Haas zählt zu meinen Lieblingsfotografen! Er war ein Vorreiter in Farbe und ein Lehrer für viele Fotografen. Es ist das erste Mal, dass seine Bilder in Italien zu sehen sind.


Welche Arbeiten, die bei Photolux 2015 zu sehen sind, würden Sie außerdem herausstellen?

Bettina Rheims, sie hat neue Wege gefunden, auf die Jesusgeschichte zu blicken. Eine starke Arbeit. Ich habe Patrick Willocqs Serie I am a Walé Respect Me letztes Jahr in Arles gesehen, ihre Kraft hat mich umgehauen. Wir zeigen einen anderen Edit seiner Reportage über den Initiationsritus unter Ekonda-Pygmäen im Kongo. Und ich würde auch empfehlen, sich mal Ivo Sagliettis Unter the Tent of Abraham anzusehen. Er ist ein sehr guter Dokumentarfotograf, aber in Italien recht unbekannt. Seine Arbeit ist sehr wichtig, denn er zeigt, dass Menschen mit verschiedener Religion und Hintergrund in Frieden miteinander leben können. Sie wurde in Syrien aufgenommen und ist sehr aktuell.


Erfahren Sie mehr über Photolux und die italienische Fotoszene in Im Gespräch | Enrico Stefanelli, das in der LFI 8/2015 zu lesen ist.

www.photoluxfestival.it
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