David Seymoour – Zum 110. Geburtstag

20. November 2021

Der unter dem Pseudonym „Chim“ bekannt gewordene polnisch-amerikanische Fotograf und Gründungsmitglied der Bildagentur Magnum wurde heute vor 110 Jahren geboren.
Er wurde nur 45 Jahre alt, aber in den wenigen Jahrzehnten seiner fotografischen Karriere hat er ein vielschichtiges Werk geschaffen. Obwohl er in seiner Arbeit in Kriegs- und Krisengebieten sein Leben riskierte und schließlich verlor, zählen auch zahlreiche Celebrity- und Schauspielerfotografien zu seinem Werk. Als Reportagefotograf und engagierter Dokumentarist war er ebenso tätig, wie als fein beobachtender Porträtist. Beide Pole gehörten für ihn zusammen, um die Welt in all ihrer brutalen Realität, ihrer gesellschaftspolitischen und kulturellen Dynamik besser zu verstehen und für ein breites Magazinpublikum festzuhalten.

Von seinen fotografischen Zeitgenossen wurde er stets als gelassener, ungemein freundlicher, umfassend gebildeter Kollege beschrieben, der zwar stets präsent war, aber über dessen Privatleben kaum jemand etwas wusste. Sein Leben war zu bewegt, um sesshaft zu werden, erst kurz vor seinem Tod – so ist in den Biografien nachzulesen – bezog er in Rom seine erste eigene Wohnung, hatte er doch zuvor vor allem in Hotels gewohnt. Die meiste Zeit seines Lebens arbeitete er in Europa, während des Zweiten Weltkriegs lebte er kurz in den USA und hier amerikanisierte er bei seiner Einbürgerung auch den Geburtsnamen Dawid Szymin in David Seymour. Seine Fotografien veröffentlichte er aber stets unter dem kurzen Pseudonym Chim.

Geboren wurde er 1911 in Warschau als Sohn eines jüdischen Verlegers und die Fortführung des Familienbetriebs nach dem Studium in Leipzig und Paris war vorgezeichnet. Doch bereits hier begann er als freier Fotograf zu arbeiten und veröffentlichte erste Reportagen. Er fotografierte im Spanischen Bürgerkrieg, später gelang ihm die Emigration über Mexiko in die USA. Bereits 1947 setzte er seine Arbeit als Bildjournalist fort, kehrte ein Jahr später nach Europa zurück.

1947 war in New York auch die Gründung der Agentur Magnum erfolgt, in der er neben Henri Cartier-Bresson und Robert Capa eine wichtige, oft vermittelnde Rolle spielte, galt er doch nicht nur als guter Geschäftsmann, sondern auch als kluger Verhandler.
Von 1954 bis zu seinem Tod war er auch Präsident der Agentur. Sein tragischer Tod hinterließ eine große Lücke, nicht nur bei den Kollegen von Magnum. Anfang November 1956 reiste er im Auftrag für Newsweek an den Suez-Kanal, drei Tage nach dem offiziellen Waffenstillstand der Kriegsparteien wollte er über den Austausch von Kriegsgefangenen berichten. Beim Überschreiten der Frontlinie wurden er und sein französischer Kollege Jean Roy von ägyptischen Soldaten erschossen. Sein fotografisches Lebenswerk ist bis heute eine Entdeckung. (Ulrich Rüter)

Im nächsten LFI-Magazin 1/2022 präsentieren wir David Seymour als Leica Klassiker mit einem umfangreichen Portfolio.

Foto: David Seymour (Chim), 1954, © by Elliott Erwitt, Magnum Photos und Agentur Focus.
 

David Seymoour – Zum 110. Geburtstag