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05.04.2022

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Auch nach zwei Jahren sind die Folgen von Covid-19 überall spürbar. Von Gelassenheit sollte keine Spur sein, doch nach dem Fall strikter Einschränkungen in den meisten europäischen Ländern macht sich eine gewisse Sorglosigkeit breit. Gleichwohl steigt die Zahl der Corona-Infektionen stetig, und die Inzidenzen erreichen Höchststände. Mit diesen Widersprüchen zu leben will gelernt sein. Unzählige fotografische Projekte haben sich mittlerweile dem Thema Corona gewidmet, teils sehr persönlich, teils dokumentarisch. Unter den vielen Serien zur Corona-Pandemie ist Zoonose von Cédric Gerbehaye besonders bemerkenswert. Dem Bildband und den daraus resultierenden Ausstellungen liegt ein Langzeitprojekt des belgischen Fotografen zugrunde. Immer wieder hat er in den letzten zwei Jahren vor allem La Louvière besucht, eine Stadt in Belgien mit rund 80 000 Einwohnern. Er hielt die latente Spannung in den Gesichtern der Menschen auf den Straßen fest, sah verzweifelte, vom Virus Betroffene und deren Angehörige. Und er begab sich mit seiner Leica direkt in die Krankenhäuser der Stadt. Neben dem Krankenhaus Jolimont war er insbesondere im CHU Tivoli (Centre Hospitalier Universitaire Tivoli). Als externem Beobachter war es dem Fotografen möglich, am Alltag der dort Arbeitenden teilzuhaben. Die drei Pandemiewellen ließen das Personal auch dort nicht zur Ruhe kommen, brachten jeden an seine Grenzen. Im elften Stock des Krankenhauses baute der Fotograf für mehrere Tage ein Fotostudio auf und lud die Mitarbeiter der Klinik ein, um im intimen Moment der Aufnahme hinter ihre Masken zu blicken. Die Porträts zeigen die unermessliche Erschöpfung und Verzweiflung, doch jede Aufnahme war auch ein Augenblick des Trostes, der Wahrnehmung und der Verbundenheit. Mit seinen starken Schwarzweißbildern zitiert er Motive christlicher Ikonografie – Szenen aus dem hektischen Klinikalltag verdichten sich in den Motiven Gerbehayes zu Momenten der Stille, in denen die Leiden Christi in aktualisierter Form aufscheinen. Darstellungen von Heiligen und Märtyrern dienen insbesondere den Porträts der Klinikmitarbeiter als Vorbilder und treffen den Betrachter mit emotionaler Wucht.
Zoonose ist eine intensive Serie, die umso mehr belegt, dass sich hinter allen Statistiken und Nachrichten über die Pandemie einzelne Menschen und Schicksale verbergen. Der Bildband enthält keine Schockbilder, gibt aber umso mehr erschütternde Einblicke in den Alltag von Krankenhausmitarbeitern. Mit seinem empathischen Blick hat der Fotograf einen intensiven Zugang zu dem Thema geschaffen, das die Gesellschaft auch weiterhin begleiten wird. Seine Serie hat bereits jetzt Geschichte geschrieben. Die aktuell steigenden Fallzahlen werden auch in nächster Zeit die in den Krankenhäusern Arbeitenden immer wieder neu fordern. Und so ist das Buch durchaus auch als Appell an die Verantwortung und Solidarität aller zu verstehen. (Ulrich Rüter)

Cédric Gerbehaye, Zoonose
Mit Texten von Caroline Lamarche
160 Seiten, 74 Schwarzweißabb., 19,0 × 26,5 cm
Französisch/Englisch, Le Bec en l’air éditions

Erfahren Sie mehr über sein Projekt im LFI Magazin 3/2022.

Alle Bilder auf dieser Seite: © Cédric Gerbehaye
Equipment: Leica Q2 und Leica SL2, Apo-Summicron-SL 1:2/50mm Asph.
Mitarbeiter des Roten Kreuzes beim Verlassen einer Kabine, die der Einteilung von Patienten dient, bevor sie in Abteilungen des Universitätsklinikums Saint-Pierre in Brüssel gebracht werden
Ein wohltuender Moment der Pause für Caroline und Yasmina, die zur Verstärkung der Intensivstation des Krankenhauses Ambroise Paré in Mons gekommen waren
Yves, Chefarzt der Intensivstation des CHU Tivoli, nachdem er mehrere Stunden auf der Covid-19-Station verbracht hat
Eine Krankenschwester auf der Intensivstation des Tivoli-Universitätsklinikums wird von einer Kollegin getröstet, nachdem ein Patient an den Komplikationen von Covid-19 gestorben ist
Mélanie, Technologin für medizinische Bildgebung, CHU Tivoli
Ein Mann und eine Frau warten vor dem CHU Tivoli
Schüler während der Pause im Athénée Provinciale in La Louvière
Notfalleinsatz mit einer Hebamme des CHU Tivoli
Émilie, Assistenzärztin, Notaufnahme, CHU Tivoli
Hatice, Logistikassistentin, Notaufnahme, CHU Tivoli
Der tätowierte Arm von Alain, Lagerarbeiter, CHU Tivoli
© Stephan Vanfleteren

Cédric Gerbehaye

wurde 1977 in Belgien geboren, ist Dokumentarfotograf, Dozent und Gründungsmitglied der Agentur MAPS. Er ist Autor der Bücher Congo in Limbo, Land of Cush, Sète#13 und D’entre eux, die alle im Verlag Le Bec en l’air erschienen sind. Seine Arbeit hat mehrere internationale Anerkennungen erhalten, darunter den Olivier Rebbot Award des Overseas Press Club of America, einen World Press Photo und den Amnesty International Media Award. Seine Arbeiten wurden mehrfach ausgestellt und sind in zahlreichen Museumssammlungen vertreten. Gerbehaye lebt in Brüssel.

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