Buch des Monats - Factory: Andy Warhol

22. November 2016

„Am Ende meiner Zeit in der Factory fand ich heraus, dass sich allein durch meinen Kontakt zu Andy und dadurch, dass ich ihm zugeschaut habe, meine Denkweise über meine Aufgabe als Künstler verändert hatte. Ich war mir von nun an bewusster, was ich tat.“
„Am Ende meiner Zeit in der Factory fand ich heraus, dass sich allein durch meinen Kontakt zu Andy und dadurch, dass ich ihm zugeschaut habe, meine Denkweise über meine Aufgabe als Künstler verändert hatte. Ich war mir von nun an bewusster, was ich tat.“ So lautet ein Résumé Stephen Shores (*1947) im Rückblick auf seine Zeit in dem legendären Loft-Atelier von Andy Warhol.

Shore war damals gerade achtzehn Jahre alt, suchte nach künstlerischer Inspiration und entdeckte die Factory als Treffpunkt einer bunten Gruppe von Künstlern, Musikern, Schauspielern, Schriftstellern, Selbstdarstellern und Tagträumern. Von 1965 bis 1967 war Shore fast täglich dort und fotografierte die Besucher und Dauergäste und natürlich auch immer wieder Andy Warhol selbst. Die von Shore nun vorgenommene Auswahl zeigt einen schillernden Ort, immer aus der Perspektive des Insiders. Umso intimer und unmittelbarer berichten sie aus dem damals einzigartigen und lebendigen Treffpunkt der Kulturszene New Yorks. In ihrer Schlichtheit entmystifizieren die Fotografien Shores den Ort und lenken den Blick auf die Menschen, die eben noch nicht von ihrem späteren Ruhm der Welt entrückt und glorifiziert oder von der Neon-Pop-Art Warhols überstrahlt sind.

Die ersten Schritte in die New Yorker Welt der Fotografie hatte Shore zu diesem Zeitpunkt bereits unternommen, war er doch schon als Vierzehnjähriger ganz selbstbewusst in Kontakt zu Edward Steichen getreten, der damals die fotografische Abteilung im Museum of Modern Art leitete. Beeindruckt von soviel Chuzpe kaufte dieser sogar drei Abzüge für das Museum. Der Kontakt zu Andy Warhol gab seiner künstlerischen Arbeit eine neue Wendung. „Ich schaute Andy dabei zu, wie er ästhetische Entscheidungen traf,“ erinnert sich Shore in der Einleitung des neuen Bildbandes und belegt damit die Wichtigkeit für seine eigene persönliche künstlerische Entwicklung.

Seine weltweite Anerkennung sollte Shore vor allem durch seine Farbfotografien erhalten, mit denen er 1971 begann. Seine erste Ausstellung im gleichen Jahr im Metropolitan Museum in New York sollte Geschichte schreiben, denn erstmals richtete dieses Museum einem lebenden Fotografen eine Ausstellung aus. Von hier aus setzte er dann endgültig seine Karriere weltweit fort und wurde vor allem als bedeutender Vertreter der „New Color Photography“ in zahlreichen Ausstellungen und Bildbänden zu einer der einflussreichsten Figuren der US-amerikanischen Fotografiegeschichte. Umso spannender sind daher jetzt die schwarzweißen Entdeckungen seiner Frühzeit, die der Bildband im Großformat präsentiert und mit einer Vielzahl von Texten der damals Porträtierten begleitet. Ulrich Rüter

Stephen Shore
Factory: Andy Warhol
192 Seiten, 175 schwarzweiß Abb.
35,4 x 36,0 cm, deutsch
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Buch des Monats - Factory: Andy Warhol