Auch in ihrem neuen Buch hat es die Fotografin durch einen konsequenten Perspektivwechsel geschafft, einen sehr privaten Blick auf ein Land zu werfen, bei dem die mediale Berichterstattung zumeist nur Unruhen und Elend in den Mittelpunkt stellt. Seit 2011 und mit dem Beginn der Revolution ist die belgische Fotografin (*1986) regelmäßig durch Ägypten gereist. Sie hat dabei bewusst die öffentlichen Plätze der politischen Auseinandersetzung gemieden und hat an private Türen geklopft, um Einblick in sehr intime Lebensräume zu erhalten, die sich normalerweise der Öffentlichkeit entziehen. Im letzten Jahr hat Depoorter dann das Land und die Familien nochmals mit dem ersten Entwurf des Buches besucht und lud andere Menschen ein, die Fotografien mit Kommentaren zu versehen.
Der jetzt publizierte Bildband enthält 44 Aufnahmen, die nicht nur die besonderen Situationen und Lebensräume der Familien zeigen, sondern auch arabische handschriftlichen Notizen präsentiert. Diese Texte legen sich wie eine zweite Schicht über die fotografierten Innenräume und hinterfragen und begleiten die visuelle Ebene mit teils lustigen, aber auch verzweifelten Aussagen. Dem Bildband ist ein 66-seitiges Booklet beigefügt, dort sind englische Übersetzungen über die handschriftlichen Aussagen auf den Originalbildern gelegt. Lässt man sich auf das Spiel mit den verschiedenen Ebenen ein, ist der gewünschte Erkenntnisgewinn enorm. Denn der Betrachter bekommt durch die Auswahl der Fotografin eine ungewöhnliche Schnittmenge gegensätzlicher Ansichten präsentiert. Mit welchem Einfühlungsvermögen es der Fotografin immer wieder gelungen ist, das Vertrauen für eine dieser privaten Aufnahmen zu erhalten, ist erstaunlich. Zwar ist Depoorter eine Außenstehende, sowohl kulturell als auch als Fotografin, sie bleibt eine westliche Besucherin, und doch gelingt es ihr, mit den wechselnden Gastgebern einen Dialog zu beginnen. Erst durch das Vertrauen, das der Fotografin entgegengebracht wurde, öffnet sich die Bilderfolge zu einer Reise durch das Land und zeigt Situationen, die hinter den üblichen Bildmotiven der Medien normalerweise versteckt bleiben. Neunzig Millionen Ägypter bewegen sich täglich zwischen den Extremen der Realität der Straße und dem geschützten Raum der Familie. Doch gerade das Aufzeigen dieses Gegensatzes und das Eindringen der politischen Realität in das Alltagsleben lässt ein intimes Kaleidoskop voller Wünsche und Hoffnungen sichtbar werden. Ulrich Rüter
Bieke Depoorter: As it may be (mit einem Essay von Ruth Vandewalle)
44 Farbaufnahmen, 62 Seiten mit 66-seitigem Booklet, arabisch und englisch, 28 x 26,4 cm), Aperture
Der jetzt publizierte Bildband enthält 44 Aufnahmen, die nicht nur die besonderen Situationen und Lebensräume der Familien zeigen, sondern auch arabische handschriftlichen Notizen präsentiert. Diese Texte legen sich wie eine zweite Schicht über die fotografierten Innenräume und hinterfragen und begleiten die visuelle Ebene mit teils lustigen, aber auch verzweifelten Aussagen. Dem Bildband ist ein 66-seitiges Booklet beigefügt, dort sind englische Übersetzungen über die handschriftlichen Aussagen auf den Originalbildern gelegt. Lässt man sich auf das Spiel mit den verschiedenen Ebenen ein, ist der gewünschte Erkenntnisgewinn enorm. Denn der Betrachter bekommt durch die Auswahl der Fotografin eine ungewöhnliche Schnittmenge gegensätzlicher Ansichten präsentiert. Mit welchem Einfühlungsvermögen es der Fotografin immer wieder gelungen ist, das Vertrauen für eine dieser privaten Aufnahmen zu erhalten, ist erstaunlich. Zwar ist Depoorter eine Außenstehende, sowohl kulturell als auch als Fotografin, sie bleibt eine westliche Besucherin, und doch gelingt es ihr, mit den wechselnden Gastgebern einen Dialog zu beginnen. Erst durch das Vertrauen, das der Fotografin entgegengebracht wurde, öffnet sich die Bilderfolge zu einer Reise durch das Land und zeigt Situationen, die hinter den üblichen Bildmotiven der Medien normalerweise versteckt bleiben. Neunzig Millionen Ägypter bewegen sich täglich zwischen den Extremen der Realität der Straße und dem geschützten Raum der Familie. Doch gerade das Aufzeigen dieses Gegensatzes und das Eindringen der politischen Realität in das Alltagsleben lässt ein intimes Kaleidoskop voller Wünsche und Hoffnungen sichtbar werden. Ulrich Rüter
Bieke Depoorter: As it may be (mit einem Essay von Ruth Vandewalle)
44 Farbaufnahmen, 62 Seiten mit 66-seitigem Booklet, arabisch und englisch, 28 x 26,4 cm), Aperture





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